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Fair-Trade- und Nachhaltigkeitszertifikate können fehlende staatliche Strukturen oder Sozialsysteme nicht ersetzen. Aber sie ziehen eine Linie: So viel Schutz und Gerechtigkeit müssen sein. Darunter machen wir es nicht.
Kaffeebauer José kontrolliert seine Kaffeepflanzen noch einmal, bevor die Ernte beginnt. Dann schwärmen Menschen mit glücklichen, wettergegerbten Gesichtern in eine grüne Berglandschaft aus und lassen rote Kaffeekirschen in Jutesäcke fallen. Es ist fast so, als würden sich die Kaffeekirschen selbst pflücken, so leicht geht die Arbeit von der Hand. Das ist Werbung und man lässt sich als Verbraucher:in gerne darauf ein.
Die Realität ist fast immer eine andere, dies ahnen die meisten zumindest auch. In vielen Teilen der Welt besteht der Alltag für Kleinbäuer:innen und Erntehelfer:innen aus harter Arbeit, kaum Arbeitsschutz und geringen Löhnen. Auch Lebensbaum bezieht Tee, Kaffee, Kräuter und Gewürze aus Ländern mit einem erhöhten Risiko für die Verletzung von Arbeits- und Sozialstandards (Grundlage für die Risikoeinschätzung ist die BSCI-Liste). In diesen Ländern arbeiten wir nur mit Anbaupartnern zusammen, die zusätzlich zur Bio-Zertifizierung einen zertifizierten Sozial- und Arbeitsstandard vorweisen können (nur dann wird ein Lieferant im System freigegeben).
Dennoch wissen wir, dass es mit Fair-Trade-Zertifikaten und selbst mit Gesetzen nicht getan ist. Die Realität scheint sich ihnen seit Jahrzehnten hartnäckig zu widersetzen. In Mexiko ist es gesetzlich verboten, vor Vollendung des 18. Lebensjahrs einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Dieses Gesetz gegen Kinderarbeit trifft auf einen 17-jährigen Vater, der Frau und Kind versorgen muss. Die Schulzeit ist vorbei, aber arbeiten darf er auch noch nicht. Es gibt kein duales Ausbildungssystem wie bei uns in Deutschland, das es ihm ermöglichen würde, einen Beruf zu erlernen und dabei Geld zu verdienen. Und es gibt auch kein soziales System, das die Familie in dieser Phase wirksam auffangen könnte. Es sind diese Realitäten, die dazu beitragen, dass in Mexiko jährlich Tausende junger Männer auf das Dach von „La Bestia“ steigen, jenem Güterzug, der sie in den reichen Norden bringen soll.
Fair-Trade- und Nachhaltigkeitszertifikate können fehlende staatliche Strukturen oder Sozialsysteme nicht ersetzen. Sie können auch regionale Lohnstrukturen oder existierende Marktpreise nicht völlig ignorieren, da es vorkommen kann, dass konkurrierende Arbeitgeber mit gewaltsamen Methoden dagegen vorgehen, um nicht selbst unter Lohndruck zu geraten oder wechselwillige Arbeitskräfte zu verlieren. Was Fair-Trade- und Nachhaltigkeitszertifikate aber können, ist, einen Mindeststandard zu setzen, der eine Linie zieht und sagt: So viel Schutz und Gerechtigkeit müssen sein. Darunter machen wir es nicht.
Und natürlich geht immer mehr. Deswegen besuchen wir unsere Anbaupartner regelmäßig vor Ort, informieren uns über die Situation dort, lernen die Strukturen kennen und oft auch die historischen Zusammenhänge. Mit diesen Kenntnissen können wir die Menschen vor Ort unterstützen. Ein Beispiel: Früher haben die Saisonarbeiter:innen auf einer Kaffee-Finca im ländlichen Mexiko die Kinder zum Pflücken mitgenommen. Gar nicht zum Arbeiten, sondern um sie beaufsichtigen zu können. Daher haben wir den Bau eines Kindergartens und einer Schule finanziert. Später kam ein Schulbus dazu, der die Kinder nun auch zur weiterführenden Schule bringt, denn gerade in der Regenzeit war der bis zu einer Stunde dauernde Fußweg dorthin sehr beschwerlich. Die Liste der Projekte lässt sich fortsetzen. Allen gemein ist, dass es sich um lokal angepasste Maßnahmen handelt. Mit diesen Maßnahmen können wir keine heile Welt erschaffen – aber wir können die Realität verbessern. Wie viele Verbesserungen tatsächlich möglich sind, darüber entscheiden letztendlich auch die aufgeklärten Kund:innen mit ihrem Kauf- und Konsumverhalten. Und nicht zuletzt könnte auch das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz einen positiven Einfluss haben, weil es große Firmen verpflichtet, sich bei den eigenen Lieferanten um die Einhaltung der Menschenrechte zu kümmern. Wir machen das jetzt schon und lassen uns dazu nach dem We-Care-Standard zertifizieren.
Lebensbaum Nachhaltigkeitsbericht
Stand: Dezember 2023
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